Das postthrombotische Syndrom

Beimpostthrombotischen Syndrom (PTS) ist der venöse Blutfluss nach einerThrombose nachhaltig gestört. Das kann zu Krampfadern, Schwellungen und Hautveränderungen bis hin zum offenen Bein führen. Eine frühzeitige Behandlung ist deshalb wichtig. Was das postthrombotische Syndrom genau ist, wie man es behandelt und weshalb eine frühzeitige Therapie wichtig ist, erfahren Sie hier.

Definition

Beim postthrombotischen Syndrom handelt es sich um eine spezielle Form der chronischen venösen Insuffizienz (CVI), die aufgrund der Venenstauung nach einer Thrombose entsteht.

Ursache

Bei einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT) wird ein Blutgefäss durch einen Blutpfropf (Thrombus) verstopft. Es besteht zwar die Chance, dass das Gefäss nach einer Thrombose wieder teilweise durchgängig wird. Vernarbungen an der Gefässwand und insbesondere an den Venenklappen sind aber nicht zu verhindern. Die Verstopfung und Schädigung der Venenklappen stört den Blutfluss, die Venenpumpe wird unwirksam und das Blut„versackt“ in den Gefässen.

Thrombose

Eine Thrombose entsteht, wenn der Blutfluss gestört ist.

Bildquelle medi GmbH & Co. KG

Teufelskreis: Druckerhöhung

Diese Stauung erhöht den Druck in den Venen. Das löst einerseits die typischen Symptomeaus, andererseits verursacht die Druckerhöhung weitere Schäden an den noch gesunden Venenabschnitten. Das erhöht den Druck erneut –es stellt sich ein Teufelskreis ein, der zu immer weiteren Schädigungen der Venen führt.

Das postthrombotische Syndrom schreitet unbehandelt immer weiter fort,die Symptome nehmen zu. Eine frühzeitige Behandlung ist deshalb wichtig.

Häufigkeit

Das postthrombotische Syndrom betrifft ca. 5% der Bevölkerung. Davon erleiden 6-8% ein Ulcus cruris. Das bedeutet nicht nur für die Betroffenen grosses Leid, sondern hat auch eine volkswirtschaftliche Bedeutung. Einerseits sind die Behandlungskosten hoch, andererseits kommt es zu durchschnittlich 2 Monaten Arbeitsausfall pro Jahr und das Risiko für eine vollständige Arbeitsunfähigkeit steigt.

Symptome

Die Symptome beim postthrombotischen Syndrom sind ähnlich wie bei einem Krampfadernleiden und können in verschiedenen Ausprägungen und Kombinationen auftreten.

  • Schweregefühl: Zu den ersten Symptomen gehören Schweregefühle, teilweise auch Spannungsgefühle oder Wadenkrämpfe, vor allem in der Nacht. Aber auch Belastung kann diese Beschwerden verstärken. Das kann so weitgehen, dass man von den Schmerzen zum Anhalten gezwungen wird. In diesem Fall spricht der Arzt von einer claudicatio venosa, einer Form der Schaufensterkrankheit.
  • Ödem: Bereits in einer frühen Phase des postthrombotischen Syndroms kommt es zu Wassereinlagerungen. Zu Beginn treten die Schwellungen vor allem nach Belastung auf und verschwinden über Nacht wieder. Im fortgeschrittenen Stadium verhärtet die Schwellung und besteht, selbst wenn man das Bein hochlagert.
  • Krampfadern: Anders als bei einer CVI treten Krampfadern beim PTS nicht als erstes Symptom auf, sondern oft erst in einer zweiten Phase, nach den Schwellungen.
  • Trophische Störungen der Haut: Weil die Haut nicht mehr ausreichend mit Nährstoffenversorgt wird, kommt es zu Veränderungen. Das kann in einer ersten Phase Trockenheit und verstärkte Schuppung sein. Später wird die Haut dünn und pergamentartig. Sie verfärbt sich grau-blau oder durch Eisenablagerungen auch rötlich-braun (Hämosiderose).
  • Offenes Bein: Das Ulcus cruris venosum, wie es in der Fachsprache heisst, ist eine chronische, tiefe Wunde, die nicht selbständig abheilt, weil das Gewebe so schlecht durchblutet ist. Meist geht es bei einem postthrombotischen Syndrom Jahre, bis es zu einem offenen Bein kommt. Mehr dazu im Artikel „Das offene Bein„.

Stadien

Die Einteilung des postthrombotischen Syndroms erfolgt in 4 Stadien (nach Hach).

  1. Stadium 1: Schwellungsneigung, keine Hautveränderungen
  2. Stadium 2: Schwellung mit Verhärtung der Haut und Unterhaut (Dermatoliposklerose)
  3. Stadium 3: Sklerotische Gewebeveränderungen nicht nur in der Haut, sondern auch im darunterliegenden Gewebe (Faszien)
  4. Stadium 4: Starke Gewebeveränderungen mit Ulcus („offenes Bein“)

Diagnose

Die meisten Patienten geben bei der Anamnese eine vorangegangene Thrombose an, was den ersten Hinweis auf das postthormbotische Syndrom liefert.

Die oben beschriebenen Symptome erkennt der Arzt bei der körperlichen Untersuchung durch Betrachten (Inspektion) und Abtasten (Palpation).

Verschiedene Ultraschalluntersuchungen ermöglichen es dem Arzt die Flussrichtung des Blutes in den Venen, allfällige Rückflüsse, sowie Klappenstörungen bildlich darzustellen. Diese Methoden sind für den Patienten schmerzfrei.

Ultraschallbild eines Gefässes

Mit einem Ultraschall kann der Blutfluss in den Gefässen dargestellt werden. Störungen werden sichtbar gemacht.

In seltenen Fällen ist eine Phlebografie notwendig. Dabei wird ein Kontrastmittel am Fussrücken in die Venen gespritzt und anschliessend ein Röntgenbild angefertigt. So lässt sich das ganze Venensystem des Beins darstellen und allfällige Umgehungskreisläufe werden sichtbar.

Therapie

Eine vollständigeWiederherstellung der venösen Durchblutung ist leider mit keinerBehandlung möglich. Umso wichtiger ist es, so bald als möglich mit der Therapie zu beginnen. So lassen sich weitere Schäden an den Venen vorbeugen und im besten Fall ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern.

Kompressionstherapie

Die Kompressionstherapie ist das wichtigste Mittel im Kampf gegen das postthrombotische Syndrom. Durch den Druck von aussen werden die Venen leicht zusammengepresst. Der verkleinerte Venendurchmesser erhöht die Blutflussgeschwindigkeit und hilft so Beschwerden vorzubeugen. Da weniger Blut in den Venen liegen bleibt, nimmt auch die Filtration von Flüssigkeit ins umliegende Gewebe ab. Insgesamt lässt sich die Versorgung des Gewebes verbessern, was die Symptome lindert.

DieKompressionstherapie kann entweder mit gepolsterten Kompressionsverbänden, Klettbandagen oder Kompressionsstrümpfen erfolgen.

Verbände bieten einen geringen Tragekomfort und sind kostenintensiv, weil sie von einer Pflegeperson angelegt werden müssen.

Insbesondere bei selbständigen Patienten sind deshalb Klettbandagen oder Kompressionsstrümpfe vorzuziehen. Klettbandagen werden als Ersatzfür Kompressionsverbände angewendet. Sie können vom Patienten selbständig angelegt werden, bieten einen relativ hohen Tragekomfort und einen kontrollierten Druck. Die Bandagen lassen sich zu- undabnehmenden Beinumfängen problemlos anpassen.

Kompressions-Klettbandage Circaid

Eine Klettbandage bietet höchste Therapiesicherheit. Zudem ist die Anwendung äusserst einfach und kann selbstständig durchgeführt werden.

Die erste Wahl sind aber Kompressionsstrümpfe. Sie bieten volle Bewegungsfreiheit, einen garantierten Druckverlauf, sind unauffällig und einfach in derAnwendung. Je nach Stadium des PTS und abhängig von den Symptomen wird die Kompressionsklasse 2, seltener die Klasse 3 benötigt. Es ist auf eine mittlere bis hohe Stiffness zu achten. Welche Strümpfe sich eignen, erfahren Sie hier: https://www.kompressionsstruempfe.ch/info/nach-venenthrombose-2

Apparative intermittierende Kompressionstherapie (AIK)

Die AIK ist eine maschinelle Kompressionstherapie, bei der mittels Kompressionsgerät und aufblasbarer Manschette eine Wechseldruckmassage erzeugt wird. Die AIK wirkt entstauend, lindert die Symptome des postthrombotischen Syndroms, insbesondere Schwellungen und verkürzt die Heilungsdauerbei einem offenen Bein.

Modernes Kompressionsgerät für AIK

Moderne AIK-Geräte ermöglichen eine effiziente Therapie zu Hause.

Eingesetzt wird diese Therapieform ergänzend zur Kompressionstherapie mit Strümpfen oder Bandagen, nicht als Ersatz dafür. Mehr über wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema AIK bei PTS erfahren Sie hier: https://www.kompressionsstruempfe.ch/info/aik-beim-postthrombotischen-syndrom

Lymphdrainage

Schwellungen sind eines der Hauptsymptome des postthrombotischen Syndroms. Lassen sie sich durch die Kompressionstherapie nicht kontrollieren, kann eine Entsauungstherapie mit Lymphdrainage helfen.

Medikamentöse Therapie

Bei einem postthrombotischen Syndrom werden Medikamente nur als Ergänzung, nicht als Ersatz für die Kompressionstherapie eingesetzt. Bei gewissen Patienten können durchblutungsfördernde oder venentonisierende Medikamente sinnvoll sein.

Wassertabletten (Diuretika) können kurzfristig in Begleitung zur Entstauungstherapie eingesetzt werden.

Nicht direkt imZusammenhang mit dem postthrombotischen Syndrom, sondern zur Vorbeugung einer weiteren Thrombose, werden „Blutverdünner“ (Thrombozytenaggregationshemmer) verordnet.

Lebensstil anpassen

Ein gesunder Lebensstil fördert die Venengesundheit. Achten Sie auf:

  • Gesundes Gewicht
  • tägliche Bewegung
  • leichtes Essen
  • keine einschnürende Kleidung

Operative Therapie

Mit verschiedenen operativen Verfahren lässt sich die Durchgängigkeit der Venen wieder herstellen. Mittels Katheter wird das Blutgerinnsel aus dem Gefäss entfernt. Ist das nicht möglich, können sogenannte Stents eingesetzt werden. Diese Gefässstützen halten die Venen offen.

Weiter stehen die klassischen Krampfadernoperationen, wie Crossektomie, Stripping, Phlebektomie oder Verödung zur Verfügung, bei denen erkrankte Venen aus dem Bein entfernt resp. verschlossen werden. Mehr dazu erfahrenSie hier https://www.kompressionsstruempfe.ch/info/die-krampfadern-operation

Prophylaxe

Es gilt die Empfehlung nach einer Thrombose für 12 Monate Kompressionsstrümpfe zu tragen. Bestehen danach Veränderungen der Venen, oder eine Stauung, muss die Kompressionstherapie weitergeführt werden.

Wird die Kompressionstherapie in den ersten 12 Monaten konsequent durchgeführt, sinkt das Risiko am postthrombotischen Syndrom zu erkranken um die Hälfte. Tritt trotzdem ein PTS auf, ist der Schweregrad geringer als bei Patienten die keine Strümpfe getragenhaben.


Diese Informationen wurden anhand neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse verfasst und von einem Arzt überprüft.

Quellen:
  • Dt.Gesellschaft fürAngiologie- Gesellschaft für Gefässmedizin (10/2015): Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie; AWMFLeitlinien-Register Nr.065/002, Klasse S2k
  • Brandjes,D.P., etal. (1997): Randomised trial of effect of compression stockings inpatients with symptomatic proximal vein thrombosis. Lancet 349:759-762.